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Tourismus und heilige Orte. Wenn das Kulturerbe der Menschheit mit Füßen getreten wird

Von Pauline Hrubesch

Viele heilige Orte dieser Welt werden von Touristen überströmt. Dabei hinterlassen sie Fußabdrücke materieller oder spiritueller Natur. Das hat fatale Folgen für die Stätten und die indigenen Völker, die in ihrer Umgebung leben.

 

„Bitte nicht klettern“, weist ein Schild unweit des Uluṟu die Besuchenden an, „das ist unser Zuhause“. Die Bitte ist von den Aṉangu verfasst. Sie fordern weiter dazu auf, um die Stätte herumzugehen, um ihre tiefgreifende Bedeutung zu erfahren. Foto: © Uluṟu-Kata Tjuta National Park.

Unglaubliche Naturphänomene oder uralte Bauwerke der menschlichen Kulturgeschichte wecken jedes Jahr die Neugier von Millionen von Touristen. Ihre Reiselust bedeutet aber auch Zerstörung, Überfüllung und Missachtung dieser wundervollen Orte. Wie Hans M. Enzensberger treffend geschrieben haben soll: „Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet“.

 

Der Uluṟu: vom mystischen Ort der Schöpfung zum Pinkelplatz

Der Uluṟu ist eine der bekanntesten Kulturstätten Australiens. Er gilt den Aṉangu Aboriginal People als heilig. Der Berg soll 550 Millionen Jahre alt sein. Seit mehr als 10.000 Jahren leben die indigenen Aṉangu in seiner direkten Umgebung. Der Uluṟu steht für sie in enger Verbindung mit der Traumzeit, ihrem Schöpfungsmythos. Für ihre spirituellen Rituale ist er zentral.

Im westlichen Raum ist der Berg unter dem Namen „Ayers Rock“ bekannt. Diese Bezeichnung stammt von dem englisch-australischen Forscher William Gosse, welcher ihn 1873 als erster Europäer erklomm. Er benannte ihn nach dem ehemaligen Premierminister Australiens, Henry Ayers. Die Indigenen lehnen diese Bezeichnung jedoch ab und bevorzugen den Namen Uluṟu.

Der Sandsteinmonolith liegt im Uluṟu-Kata Tjuta National Park, der zum UNESCO-Weltkulturerbe und Weltnaturerbe ernannt wurde. Er ist eine Touristenattraktion und ein Wirtschaftsfaktor der Region. Jährlich wird der Uluṟu von über einer halben Million Touristen besucht. In der Vergangenheit bestiegen ihn manche von ihnen, obwohl dies von den Aṉangu ausdrücklich nicht erwünscht ist. Die Besucher kletterten auf dem Berg herum, haben ihn sogar angepinkelt. Kurzum: Sie missachteten die heilige Bedeutung, welche er für die Aṉangu hat.

Machu Picchu liegt auf einem Hochplateau in den peruanischen Anden. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel: jährlich besuchen rund 1,5 Millionen Menschen die von den Inkas erbaute Stadt. Foto: Mark L/Flickr BY-SA 2.0.

Verbote, die schlussendlich allen dienen

Der Uluṟu ist nicht der einzige heilige Ort, der von Touristen überrannt wird. Ähnlich ergeht es Machu Picchu, der Ruinenstadt im Südosten Perus. Auch sie ist UNESCO-Welterbe. Im 15. Jahrhundert wurde die Andenstadt von den indigenen Inka erbaut. Zu welchem Zweck dies geschah, ist bislang unklar.

War sie vielleicht ein Mausoleum für den Inkaherrscher Pachacútec oder ein Verwaltungs- und Landwirtschaftszentrum? Ihr Geheimnis, ihre Schönheit und ihre einzigartige Lage faszinieren. Als eines der sieben neuen Weltwunder lockt Machu Picchu so viele Touristen an, dass ihr Zugang 2019 durch die Regierung beschränkt werden musste.

Seither wachen Parkwächter auf dem Gelände darüber, dass die historische Stätte nicht zertrampelt und vermüllt wird. In Australien ging man noch einen Schritt weiter. Dort ist das Betreten des Uluṟu seit 2019 verboten. Es gibt ausgeschilderte Wanderrouten, von denen man eine perfekte Sicht auf den Berg mit all seinen Facetten hat. Das Verbot, den Berg zu betreten, dient einerseits dem Selbstschutz der Besucher.

Einige der Bergsteiger verletzten sich in den vergangenen Jahren schwer oder kamen sogar zu Tode. Anderseits ist das Verbot ein Zeichen des Respekts vor dem Glauben der Aṉangu. Neben dem Betreten ist auch das Mitnehmen von Pflanzen und Gestein, sowie das Fotografieren von ausgeschilderten heiligen Stätten strikt verboten und kann zu Geldstrafen bis zu 10.000 Australischen Dollar führen.

Indigene Gemeinschaften fordern heute, dass ihren heiligen Orten achtsam und respektvoll begegnet wird. Ihre Bedeutung sollte den Touristen stets bewusst sein. So wird sichergestellt, dass sie auch in hunderten von Jahren zukünftige Generationen faszinieren können und den Indigenen erhalten bleiben. Angeblich besagt eine Weisheit von Chief Seattle, einem indigenen Anführer der Suquamish und Duwamish des vorvergangenen Jahrhunderts, folgendes: „Nimm nur Erinnerungen mit, hinterlasse nichts als Fußspuren“– oder eben wie im Fall des Uluṟu selbst diese nicht mehr und im Fall des Machu Picchu weniger davon.

[Die Autorin]
Pauline Hrubesch studiert Politik- und Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Einen ihrer Schwerpunkte legt sie auf Menschenrechte.