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Tourismus in Australien: Ein Kletterverbot sorgt für Aufregung

Von Marion Caris

Für Aboriginal People ist er heilig, für Politiker ein Geldquell und für Australien ein Wahrzeichen: zahlreiche Touristen besuchen jährlich den Inselberg Uluru in der zentralaustralischen Wuste. Ab Oktober 2019 dürfen sie nicht mehr auf seinen Gipfel klettern.

Erst 1873 sichtete und erkletterte der Europaer William Gosse, den "Ayers Rock" und benannte ihn nach dem damaligen Premierminister von Sudaustralien, Sir Henry Ayers. Foto: Park Australia.

Den touristischen Wert des Uluru erkannte die australische Regierung schon früh. Im Jahr 1948 baute sie eine Zugangsroute zum 348 Meter hohen Sandsteinmonolithen. Diese Route führte damals durch das „South West Aboriginal“ Reservat, wo die traditionellen Besitzer des Landes zwangsweise wohnten. Der fur die Aboriginal People heilige Inselberg Uluru und die Kata Tjuta, eine Gruppe von 36 Bergen etwa 30 Kilometer vom Uluru entfernt, wurden in den 1950er Jahren enteignet und zu einem Nationalpark umgewandelt. Neuer Besitzer war der Australian National Parks and Wildlife Service (dt.: australische Nationalpark und Naturschutzservice).

Diese Enteignung hatte zur Folge, dass der Uluru und die Kata Tjuta von einem Gesetz aus dem Jahr 1976, dem „Land Rights (Northern Territory) Act“, ausgenommen waren. Dieses Gesetz besagte, dass die Aboriginal People ihren traditionellen Landbesitz beanspruchen konnten – aber nicht den Uluru und die Kata Tjuta.

Eine extrem aufwühlende Situation für die Aboriginal People, da sie durch die zunehmende Zahl an Touristen eine Schändung des heiligen Ortes fürchteten. Auch nachfolgende Regierungen weigerten sich, das Gesetz zu andern. Ihnen war bewusst, dass neben dem Opera House in Sydney (Opernhaus) und der Sydney Harbour Bridge (Sydneyer Hafenbrucke) der Uluru eine der berühmtesten Touristenattraktion Australiens war.

Erst 1983 war die Regierung bereit, das Gesetz zu andern und das Land an die traditionellen Besitzer, die Anangu, zurückzugeben. Die Bedingung war jedoch, dass das Land fur weitere 99 Jahre an den Australian National Parks and Wildlife Service verpachtet werden musste. Am 26. Oktober 1985 war es endlich soweit: Uluru wurde seinen traditionellen Besitzern zurückgegeben.

Die Rückgabezeremonie wurde gros gefeiert und sowohl von hunderten Aboriginal People als auch anderen Gasten besucht. Die Ruckgabe ist bis heute einer der bedeutendsten Momente für den Kampf der Aboriginal People um ihre Bodenrechte und wird jedes Jahr gefeiert. Seither verwalten Aboriginal People und der Direktor des Nationalparks gemeinsam das Gebiet. Zwei Jahre später, 1987, ernannte die UNESCO den Park zu einer Welterbestätte. Pro Jahr besuchen etwa 300.000 Touristen Uluru. Dass Touristen den Uluru besuchen, den heiligen Berg erklettern, Abfall verstreuen und Steine als Souvenir entwenden, schmerzt die Aboriginal People. 2010 zog sich eine französische Touristin vor Ort bis auf den Bikini aus. Dieses Verhalten empfanden die Anangu als respektlos und beleidigend. Doch damit nicht genug. Es gibt weitere Probleme, seit der Uluru eine Touristenattraktion geworden ist. Mehr als 35 Menschen sind wegen Herzinfarkten oder Stürzen beim Klettern ums Leben gekommen. Andere fielen in Felsspalten oder fürchteten sich vor dem steilen Abstieg. Mehrere Touristen mussten gerettet werden.

Eine Gruppe von 36 Bergen ragt etwa 30 Kilometer vom Uluru entfernt aus der Landschaft. Das sind die Kata Tjut-a. Sie entstanden vor etwa 550 Millionen Jahren. Foto: Michael Nelson / Park Australia.

Die Anangu verlangten mehrere Jahre ein Kletterverbot. Aber Gegner behaupteten, dass dies der australischen Tourismusindustrie schaden konnte. Tatsache ist jedoch, dass die Beliebtheit des Ortes konstant hoch blieb, obwohl die Anzahl an Kletterern über die Jahre auf 16 Prozent aller Besucher zurückging. Letztendlich wurde im Jahr 2017 eine Einigung erzielt: Ab dem 26. Oktober 2019 ist es verboten, auf den Uluru zu klettern. Das Verbot zahlt als weiterer Sieg an diesem historischen Datum für die Anangu.

Konservative Politiker wie Dennis Hood und Senator Cory Bernardi kritisieren, dass der Uluru allen Bewohnern Australiens gehöre. Nach der Einigung auf das Kletterverbot twitterte Senator Bernardi „Ich feiere nicht“. Solche Reaktionen sind tief in der Kolonialgeschichte Australiens verwurzelt – gemäß: „Wer einen Ort benennt, nimmt ihn auch in ‚Besitz'“, wie Dr. Jan Tent von der Universität Sydney 2009 in seinem Artikel „Naming Places on the ‚Southland'“ beschrieb.

Aussagen und Meinungen wie die von Hood und Bernardi sind in Australien nicht umstritten. Sie haben eine lange Geschichte. Als bekannt wurde, dass Uluru an die traditionellen Besitzer zurückgegeben werden sollte, wurden Schlagzeilen wie „NT* ärgert sich über Ayers Rock-Geschenk an die Schwarzen“ nicht hinterfragt. Die meisten Touristen hingegen unterstützen das Verbot und meinen, dass es lang überfallig gewesen sei.

Der Widerstand in Australien beruht demzufolge nicht nur auf wirtschaftlichen Interessen, sondern auch auf hegemonischen Standpunkten der Geschichte des Landes. Eine Alternative zum Klettern ist eine 10,6 Kilometer lange Wanderung an der „Uluru Base“. Besucher können auch jeden Tag an der kostenlosen und von einem Ranger begleiteten „Mala Wanderung“ teilnehmen, um die traditionelle Kultur der Anangu, die Felsbildkunst und die Verwaltung des Parks kennenzulernen.