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Institutionelle Angriffe auf Irakisch-Kurdistan: Westen muss Autonomie der Region schützen

Bozen, Göttingen, 15. Februar 2024

Eine Aktion der GfbV. Foto: Hanno Schedler/GfbV

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor zunehmenden politischen Angriffen auf den föderalen Status von Irakisch-Kurdistan. Radikalisierte schiitische und sunnitische Parteien und Milzen im Süden und im Zentralirak versuchen, der Region ihre Autonomie zu nehmen. Irakisch-Kurdistan ist zu einem einzigen Zufluchtsort für Millionen innerirakischer Flüchtlinge sowie für hunderttausende Menschen aus Syrien und dem Iran geworden“, erinnerte GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido am heutigen Donnerstag in Göttingen. „Selbst irakische Politiker und christliche Würdenträger wie der chaldäische Patriarch Kardinal Louis Sako und der ehemalige irakische Parlamentarier Mithal al-Alusi finden in Kurdistan Zuflucht. Die internationale Gemeinschaft muss dringend verhindern, dass islamistische Kräfte, welcher Ausprägung auch immer, die Kontrolle über diese letzte Bastion der Religionsfreiheit und Toleranz im Irak erlangen.“ Deutschland und verbündete Staaten müssten ihren Einfluss auf die Zentralregierung in Bagdad nutzen, um den Status Kurdistans vor radikalen Parteien dort zu schützen.

Pro-iranische schiitisch-islamistische Parteien versuchen offen, den in der irakischen Verfassung verankerten Status Irakisch-Kurdistans zu untergraben. So haben sie dafür gesorgt, dass Mitarbeiter staatlicher Institutionen in der Region nicht mehr bezahlt werden. Entgegen der Verfassung beanspruchen sie einseitig die administrative Kontrolle über die erdölreiche Provinz Kirkuk. „Artikel 140 der irakischen Verfassung sollte diesen Streit eigentlich regeln. Schiitische wie sunnitische Parteien haben ihn mit Unterstützung des Iran beziehungsweise der Türkei faktisch abgeschafft“, berichtete Sido. „Trotz ihrer Rivalitäten sind sich die schiitisch geprägten und die sunnitisch geprägten Nachbarstaaten des Irak in einer Sache einig: Sie wollen alle kurdischen Bestrebungen nach mehr Autonomie rücksichtslos bekämpfen. Dabei wäre es für die westlichen Staaten wichtig, den einzigen Ort im Irak zu erhalten, an dem noch ethnische und religiöse Vielfalt herrscht.“

Neben den institutionellen Angriffen auf den Status der Region im föderalen System des Irak ist Kurdistan permanenter Gewalt von außen ausgesetzt. „Weder das NATO-Mitglied Türkei noch das Mullah-Regime im Iran respektieren die territoriale Souveränität des Irak. Sie bombardieren die kurdischen Gebiete dort fast täglich mit Drohnen und Kampfflugzeugen“, berichtete Sido. „Viele Menschen in Irakisch-Kurdistan sind in großer Sorge. Sie vergleichen die Gefahr für Kurdistan mit der von 1991, als Millionen Menschen vor der anrückenden Armee des damaligen Diktators Saddam Hussein in die Berge fliehen mussten.“

Laut Artikel 140 der irakischen Verfassung sollte die Bevölkerung in den umstrittenen Gebieten bereits am 31. Dezember 2007 in einem Referendum darüber abstimmen, ob Kirkuk und andere betroffene Provinzen zur Autonomen Region Kurdistan oder zum irakischen Zentralstaat gehören sollen.