Bozen, Göttingen, 15. Mai 2025

Anlässlich des 30. Jahrestages der Entführung des tibetischen Panchen Lama, seiner Familie und seines Lehrers am 17. Mai 1995 fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) einen verstärkten Einsatz der europäischen Regierungen für seine Freilassung. „Gedhun Choekyi Nyima war sechs Jahre alt, als ihn die chinesische Regierung verschwinden ließ. Was er macht, wo er lebt oder ob er überhaupt noch am Leben ist, weiß nur die chinesische Regierung“, kommentiert Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozidprävention und Schutzverantwortung. Der Panchen Lama ist für die Tibeter die zweithöchste geistliche Autorität nach dem Dalai Lama. Das UN-Komitee für Kinderrechte und der UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen haben wiederholt erfolglos an die chinesische Regierung appelliert, Informationen über den Verbleib des inzwischen 36-Jährigen zu veröffentlichen.
„Der Fall des Panchen Lama ist nur ein Beispiel für die Bemühungen der chinesischen Regierung, den tibetischen Buddhismus und die Tibeterinnen und Tibeter unter ihre Kontrolle zu bringen. Gewaltsames Verschwindenlassen, religiöse Verfolgung und die Zerstörung von Klöstern, die Zurückdrängung der tibetischen Sprache, Familientrennungen und Zwangsinternate für tibetische Kinder stellen schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar“, sagt Schedler. „Zudem versucht die chinesische Regierung, andere Staaten davon zu überzeugen, nicht mehr den Begriff ‚Tibet‘ zu nutzen, sondern nur noch den chinesischen Begriff ‚Xizang‘. Dieser Begriff beschreibt jedoch nur das Gebiet der von der chinesischen Regierung gegründeten Autonomen Region Tibet und nicht das gesamte tibetische Plateau. Diese Umbenennung ist Teil des Versuchs, die eigenständige tibetische Identität, Kultur und Geschichte auszulöschen. Es soll der Eindruck entstehen, dass Tibet schon immer zu China gehört habe, was nicht stimmt. Ausländische Regierung sollten daher konsequent den Begriff ‚Tibet‘ nutzen“, fordert Schedler.
Nach der Entführung von Gedhun Choekyi Nyima setzte die chinesische Regierung vor 30 Jahren einen Jungen namens Gyaltsen Norbu als 11. Panchen Lama ein. Der Sohn kommunistischer Funktionäre dient Peking als Marionette für scheinbare Glaubensfreiheit und wird in den Staatsmedien als „Anführer des tibetischen Buddhismus“ dargestellt. Auf den Tod des 14. Dalai Lama, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, bereitet sich die chinesische Regierung systematisch vor. Sie will einen Nachfolger installieren, der den Vorgaben aus Peking folgt und die Lügen der chinesischen Regierung über die in Wahrheit verheerende Menschenrechtssituation in Tibet weiterverbreitet. Um das zu erreichen, wird die Kommunistische Partei den eingesetzten Panchen Lama für den Versuch instrumentalisieren, einen Peking-treuen Dalai Lama zu bestimmen. Peking hat die Reinkarnationen im tibetischen Buddhismus bereits zu einer Staatsangelegenheit erklärt: Diese seien nur nach Anerkennung durch die staatlichen Behörden zulässig. Der Dalai Lama, der im Juli dieses Jahres 90 Jahre alt wird, hat in seinem aktuellen Buch erklärt, dass seine Nachfolge außerhalb China geboren werde.