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Anschlag auf Kirche in Syrien: Neue syrische Machthaber „nicht gewillt, Minderheiten zu schützen“

Bozen, Göttingen, 23. Juni 2025

Innenraum der Mar-Elias-Kirche nach dem Anschlag vom Sonntag, 22. Juni 2025. Foto: Wikimedia Commons CC0

Nach dem verheerenden Anschlag auf die Mar-Elias-Kirche in der syrischen Hauptstadt Damaskus wiederholt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ihre Warnung vor einer drohenden Gewalteskalation gegen Minderheiten in Syrien. „Die neuen syrischen Machthaber sind nicht gewillt, Minderheiten vor Angriffen zu schützen. Vielmehr gehören Kurden, Drusen, Alawiten und Schiiten zu ihren Hauptfeinden. Der IS hingegen kann in den von al-Scharaa kontrollierten Gebieten ungehindert operieren“, sagte der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen.

„Als ich Ende April dieses Jahres im Nordosten Syriens den kurdischen General Mazlum Abdi traf, den Chef der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), warnte er vor der Präsenz von IS-Kämpfern in den von der sogenannten Übergangsregierung kontrollierten Regionen. Angehörige religiöser Minderheiten in diesen Gebieten bestätigten dies. Sie berichten, dass sie in ständiger Angst vor Angriffen leben“, berichtete der Menschenrechtler, der im April viele Regionen Syriens, darunter Damaskus, besuchte.

Für den Anschlag auf die Mar-Elias-Kirche in Damaskus am Sonntag (22. Juni) wird der „Islamische Staat“ (IS) verantwortlich gemacht. Gleichzeitig erreichten die GfbV Berichte über Drohungen gegen Christen in anderen Teilen Syriens. In der Provinz Hama wurde an mehreren Kirchen die Botschaft „Ihr kommt dran“ hinterlassen. Die Mar-Elias-Kirche in Damaskus ist eine rum-orthodoxe Kirche und befindet sich im Stadtteil Tabbalah in der Nähe des Stadtviertels Al-Duwaila. Sie wurde 1990 erbaut.

Die GfbV fordert Politik und Medien in Deutschland erneut auf, die neuen islamistischen Machthaber und die syrischen Milizen, die Ende 2024 die Macht in Damaskus übernommen haben, nicht zu verharmlosen. „Die sunnitischen Milizen, die die Macht in Syrien übernommen haben, unterscheiden sich kaum vom IS. Daher haben diese Milizen auch seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs kein Interesse, den IS zu bekämpfen“, erklärte der Nahostexperte Dr. Sido. „Eine Beschwichtigungspolitik gegenüber den sunnitischen Islamisten in Syrien wird nicht helfen, das Land zu stabilisieren, sondern die Machthaber vielmehr ermutigen, ihre bisherige Politik fortzusetzen. Der neue islamistische Machthaber in Damaskus glaubt nicht an eine multiethnische, multireligiöse Gesellschaft in Syrien, sondern an einen einheitlichen sunnitisch-islamischen Staat“, so Dr. Sido. Al-Scharaa setze auf oberflächliche Veränderungen und nette Rhetorik, um sein Image zu verbessern.

Bis zum Ausbruch der Revolte im März 2011 war Syrien nach Ägypten das Land mit der größten christlichen Minderheit im Nahen Osten. Dort lebten zwei bis drei Millionen Gläubige. Heute wird ihre Zahl auf etwa 300.000 geschätzt, was etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Christen in Syrien sind hinsichtlich ihrer Konfessionen sehr unterschiedlich. Den größten Anteil der Christen machen die Rum-Orthodoxen aus – sowohl in Damaskus als auch im ganzen Land. Sie sehen sich als Repräsentanten eines arabischen Christentums. Ihre Liturgie wird ausschließlich auf Arabisch gehalten.

„Sollte die Gewalt gegen Christen anhalten, wird dies letztlich zu einer symbolischen christlichen Präsenz in Syrien führen. Die wenigen verbliebenen Christen werden dann in ihrer einst mehrheitlich christlichen Heimat zu Fremden erklärt. Die neuen Herrscher in Damaskus tragen die Verantwortung für diese Gewalt, da sie Hassreden gegen Christen und ethnische sowie religiöse Minderheiten nicht unterbinden, sondern bewusst täglich weiter schüren“, sagt der Nahostexperte. Er warnt davor, dass sich ein Szenario wie im Irak wiederholen könnte. „Nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Jahr 2003 wurden christliche Kirchen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen der Assyrer/Aramäer/Chaldäer im ganzen Irak vor allem von sunnitischen Islamisten angegriffen. Der heutige Machthaber Syriens, al-Scharaa, kämpfte als Dschihadist in den Reihen sunnitischer Milizen gegen die USA, Schiiten, Kurden, Yeziden und Christen.“