Bozen, Göttingen, 1. August 2024
Zehn Jahre nach dem Genozid an der yezidischen Bevölkerung im Norden des Iraks gibt es für Überlebende sowohl im Irak als auch im deutschen Exil noch immer keine Aussicht auf eine sichere Zukunft, kritisiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Die Menschenrechtsorganisation forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Mittwoch eindringlich dazu auf, den 5.000 bis 10.000 Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaft in Deutschland dauerhaft Schutz zu gewähren und sie vor drohenden Abschiebungen zu bewahren. Am 3. August 2014 hatte der sogenannte Islamische Staat (IS) die yezidische Gemeinschaft im nordirakischen Sinjar überfallen und mindestens 5.000 von ihnen ermordet. Ungefähr 7.000 Frauen und Mädchen wurden in die Sklaverei verschleppt. 2.000 von ihnen gelten bis heute als vermisst.
„Der Bundestag hat am 19. Januar 2023 nicht nur den Völkermord an den Yeziden anerkannt, sondern darüber hinaus auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Lage im Irak für eine Rückkehr viel zu bedrohlich und deshalb aussichtslos ist“, erinnerte die GfbV die Ministerin. Nach dem furchtbaren Verbrechen des IS an dieser Gemeinschaft müsse es selbstverständlich sein, den Zuflucht suchenden Überlebenden hier in Deutschland die Möglichkeit zu geben, ihre schlimmen Traumata in Sicherheit aufzuarbeiten und wieder in ein stabiles Alltagsleben zurückzufinden.
„Die Anerkennung des Völkermordes wird zu einer beschämenden symbolischen Geste, wenn sie nicht mit dem Versprechen einhergeht, die Betroffenen in Zukunft vor lebensbedrohlichen Situationen zu bewahren und eine erneute Traumatisierung zu verhindern“, erklärte Tabea Giesecke, GfbV-Referentin für ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten. „An diesem zehnten Jahrestag des Verbrechens gedenken wir der Opfer dieses Genozids und stellen uns solidarisch an die Seite der yezidischen Gemeinschaft, die bis heute um Gerechtigkeit und hier in Deutschland gegen transnationale Diskriminierung meist durch andere Migrantengruppen kämpfen muss.“ Giesecke betonte: „Der Schutz, den die yezidische Exil-Gemeinschaft durch die Anerkennung des Völkermordes bei uns bekommen sollte, darf nicht länger umschlagen in Angst vor Abschiebungen und Verlust von Vertrauen in die deutsche Politik.“