Bozen, Göttingen, 16. Mai 2025

Zum Jahrestag der Deportation der Krimtataren unter Stalin am 18. Mai 1944 macht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die systematische Verfolgung der indigenen Bevölkerung der Krim unter russischer Besatzung aufmerksam.
„Die Lage der Krimtataren ist besorgniserregend: Sie fragen sich, wie sie als Volk trotz der massiven Verfolgung überleben können. Aufgrund von Flucht und Vertreibung sind sie in aller Welt zerstreut, was ein Fortbestehen der krimtatarischen Kultur, Sprache und der Gemeinschaft gefährdet“, erklärt Sarah Reinke, Leiterin der Menschenrechtsarbeit der GfbV. Zehntausende Krimtataren seien aus Angst vor Verfolgung und vor Einzug in die russische Armee seit 2014 von der Krim geflohen. Krimtatarische und ukrainische Kulturgüter auf der Krim seien zerstört und die Demografie auf der Halbinsel zu Ungunsten von Krimtataren und Ukrainern verändert worden.
Die Krimtataren stellten heute höchstens noch 12 Prozent der Bevölkerung auf der Krim. Gleichzeitig seien aktuell von insgesamt 223 politischen Gefangenen von der Halbinsel allein 133 Angehörige des indigenen Volks. Viele der politischen Gefangenen seien zu extrem langen Haftstrafen von über zehn Jahren verurteilt und teils in Gefängnisse Tausende Kilometer von ihrer Heimat entfernt verlegt worden.
„Die Krim ist zur Verhandlungsmasse im Krieg Russlands gegen die Ukraine geworden, ohne dass die direkt Betroffenen ein angemessenes Mitspracherecht hätten. Die Halbinsel ist die einzige Heimat des indigenen Volkes der Krimtataren. Unter Stalin wurden sie bereits kollektiv von der Krim deportiert, ihre Kulturgüter, Bibliotheken, Moscheen und Friedhöfe zerstört. Viele Krimtataren fürchten nun, dass ihre Heimat wieder für sie verloren ist“, sagt Reinke.
Am 18. Mai 1944 wurden 200.000 Krimtataren auf Befehl Stalins von der Krim deportiert. Die überwiegende Mehrheit der Deportierten waren Frauen, alte Menschen und Kinder, da die Männer auf der Seite der Roten Armee gegen Nazideutschland kämpften. Rund 46 Prozent der Deportierten kamen während der Deportation in Viehwaggons oder unmittelbar nach der Ankunft in Zentralasien ums Leben. „In der Ukraine, im Exil in Deutschland und anderen Ländern Europas werden die Krimtataren am 18. Mai an den Völkermord erinnern. Ihre Stimme muss gehört werden, wenn es um die Zukunft der Krim geht“, mahnt Reinke.
In Berlin findet am 17. Mai eine Mahnwache statt, um an die Deportation der Krimtataren 1944 zu erinnern und der Opfer zu gedenken. Der Völkermord kostete Zehntausenden Krimtataren das Leben und zwang ein ganzes Volk in die Verbannung. Ab 18.30 Uhr treffen sich die krimtatarische Gemeinschaft und solidarische Menschen vor dem U-Bahnhof Unter den Linden und laufen von dort gemeinsam zum Brandenburger Tor, wo die stille Gedenkaktion „Zünde eine Kerze an“ stattfindet. Die Veranstaltung wird von der Kulturvereinigung „KERMEN“ organisiert.